Als wir bei Niko und Anja ankommen ist es schon spät. Wir dürfen neben dem Haus auf der Wiese parken und unser Zelt aufschlagen. Niko lädt uns auf ein Bierchen in die Stadt ein und zeigt uns, zusammen mit seiner Tochter Clara, die schönen Ecken der Stadt.
Am nächsten Tag schauen wir und Kingston im hellen an und essen -wie gestern Abend von Niko und Clara empfohlen- lecker Fish & Chips. Ich dachte immer das sei ein typisch englisches Gericht aber es wird auch hier an jeder Ecke angeboten.
Es ist sehr schwül und kurz darauf, wir sind zum Glück schon im Auto, regnet es wie verrückt. Der Himmel ist schwarz und man könnte meinen gleich geht die Welt unter. Wir sitzen gemütlich im trocknen Auto und schauen den Passanten zu, wie sie dem Regen entkommen. Nach nur einer halben Stunde ist alles vorbei und nichts erinnert mehr an den Wolkenbruch.
Wir nutzen die uns angebotenen vier Wände unserer Gastgeber um unsere Fotos zu sortieren, setzen uns gemütlich bei Anja und Niko an den Küchentisch und werden direkt zum Abendessen eingeladen. Es gibt leckere selbst gemachte Pfannkuchen mit Gemüsefüllung.Wir bekommen den Tipp uns bei der Weiterfahrt noch ‚Prince Edward County‘ anzugucken, das sei ein sehr schöner Fleck.Gesagt, getan. Da wir keine vorgefertigte Route haben, finden wir Tipps immer super und fahren direkt dorthin. Es sieht wieder nach starken Regen aus, also fahren wir zu Canadian Tire – einem großen Baumarkt- und besorgen eine Regenplane für Jans Gleitschirm-Motor der leider immer nass wird wenn es stark regnet. Da wir schlechtes Wetter vermuten packen wir außerdem unsere 7 Sachen aus dem Auto und sortieren neu. Wir schaffen es sogar Klamotten auszusortieren und werfen zwei volle Tüten in den Spendencontainer. Die Regenplane für den Motor ist leider etwas unhandlich aber das sollte erstmal passen.
Mit einem guten Gefühl, nun ordentlich sortiert zu sein, fahren wir auf die Fähre zu Prince Edward County. „Hi. Was kostet denn die Überfahrt?, fragt Jan den Fährmann.
„It’s free!“, antwortet er.
Wir verstehen allerdings „It’s three!“ und wundern uns über den günstigen Preis.
Jan fragt also noch mal nach: „Three Dollar?“
„No. It’s free. Nothing to pay“, erklärt der Fährmann.
Wir lachen und wundern uns noch mehr, dass die Fähre tatsächlich nichts kosten soll.Eine ältere Dame aus dem Wagen hinter uns kommt zu uns ans Fenster und fragt ganz fröhlich, mit einem Lachen im Gesicht, woher wir kommen und was wir vorhaben. Während wir unsere Geschichte erzählen, lächelt sie immer mehr und scheint begeistert. Sie ist, zusammen mit ihrem Mann, auf dem Weg zum Sommerhaus auf Prince Edward Island.
Wegen unserem auffälligen Nummernschild und der Frage was die Fähre kosten würde, wussten die Beiden, dass wir Ausländer sind und haben sich gefragt ob das DA auf unserem Nummernschild für Deutschland oder Dänemark steht.
„Wenn die hier leben, dann kennen die sich sicher hier aus“ denkt sich Jan und fragt die freundliche Dame nach einer Stellplatzmöglichkeit für heute Nacht. Sie muss leider passen, verabschiedet sich und geht zurück zum Auto. Nach zwei Minuten kommt sie wieder und bietet uns an, vor Ihrem Haus zu parken. Sie erklärt außerdem, dass Ihr Mann früher eine ähnliche Reise gemacht hat und auch immer Hilfe angeboten bekommen hatte. Bei dem Haus sei es sehr ruhig „Es gibt keinerlei Action dort“, sagt sie verlegen. Wenn wir dennoch dort übernachten möchten, dann sollen wir den Beiden einfach hinterher fahren. Es seien nur 20 Minuten.Klar wollen wir das. Wir hätten hier so oder so keine Action erwartet und ein „Privat-Stellplatz“ ist das Beste was uns passieren kann.
Wir folgen den Beiden und kommen zu einem große Haus, direkt am See. Ich hätte, nachdem wir von der Hauptstraße abgebogen sind, nicht vermutet, dass dort noch jemand wohnt. Total ab vom Schuss stehen ein paar Häuser mitten im Wald.Wir könnten entweder vorm Haus in unserem Zelt oder aber im Gästezimmer im Haus übernachten. Das Zimmer sei immer hergerichtet, falls die Kinder zu Besuch kommen und außerdem könnten wir auch das Badezimmer nutzen, erklären sie uns.
Wir sollen uns fühlen wie zu Hause und sagen was wir brauchen. Sie zeigen und das Haus und unser Zimmer.
Von der Veranda sieht man den See und Jan ist in Gedanken schon eine Runde schwimmen. Die Beiden sind Loraine und Alan, sie beziehen heute ihr Sommerhaus und kommen vom Großeinkauf in der Stadt. Wir werden direkt zum Abendessen eingeladen denn das große Hühnchen sei zu viel für Zwei.
Während Loraine kocht, sollen wir uns oben gemütlich einrichten und, wenn wir möchten, könnten wir noch mal zum See laufen.Kann es besser laufen? Wir räumen unsere Sachen aus dem Auto, richten unser Zimmer ein und laufen zum See. Die Sonne scheint und es ist sehr warm aber trotzdem ist das Wasser eisig kalt. Jan ist das egal. Hier ist ein See und er will schwimmen! Es dauert zwar einige Minuten aber dann schwimmt er tatsächlich in dem nur 14 Grad kalten Wasser. Ich stehe, immerhin mit den Füßen im Wasser, daneben und genieße den Ausblick.Wir laufen zurück zum Haus und können das Abendessen schon an den Eingangstür riechen. Es gibt Hühnchen, Salat und Kartoffelgemüse. Es schmeckt köstlich und wir sitzen gemütlich plaudernd zusammen, trinken Wein und der Abend vergeht wie im Flug.
Als wir am nächsten Morgen aufwachen ist es schon spät. Wir haben lange und sehr gut geschlafen.
„Guten Morgen! Seid ihr hungrig, wollt ihr Kaffee und Frühstück?“, fragt mich Loraine als ich in die Küche komme. Ich antworte nicht sofort und sie redet weiter: „Es steht alles schon hier. Muffins, Bagels, Kaffee, Orangensaft, Marmelade… oder esst ihr lieber deftig? Dann habe ich auch Wurst, Käse und Eier im Kühlschrank.“
Wow, das haben wir nicht erwartet und sind sprachlos. Wir vergeben ganz klar 5 Sterne! Dieses Angebot können wir nicht ablehnen, frühstücken und unterhalten uns noch ziemlich lange. Da die beiden nur im Sommer hier leben und im Winter in Toronto, bekommen wir noch einige Tipps zu Toronto und eine sehr nützliche Ontario Landkarte.
Mir fällt ein, dass wir AB SCIEX (meinem Ex-Arbeitgeber) in Toronto einen Besuch abstatten könnten.
Ich schicke Ana -einer Kollegin aus Toronto- schnell eine E-Mail mit der Frage ob es möglich sei auf dem AB SCIEX Parkplatz zu übernachten.
Ana meldet sich direkt und bietet uns an -statt auf dem Firmenparkplatz- bei ihr zu Hause in der Einfahrt oder in ihrem Gästezimmer zu übernachten. Wahnsinn! Wir brauchen das Zelt bald nicht mehr. Dort angekommen, in einem Vorort von Toronto, lernen wir die ganze Familie kennen: Ihren Mann Sergio, Carina ihre Tochter und die beiden Hunde: Milow und Penny. Wir werden sehr herzlich empfangen und auch hier zum Abendessen eingeladen. Wir sitzen noch eine Weile zusammen und planen mitunter unseren morgigen Tag in Toronto.
Beim Frühstück am nächsten Morgen lernen wir auch Ana’s Mutter kennen, können uns aber leider nicht unterhalten denn sie spricht nur portugiesisch.
Sergio bringt uns zum St Lawrence Markt, einem großen, täglichen Markt mitten in Toronto.
Wir schlendern durch die Markthalle. Es ist ein reiner Essens-Markt mit unendlich vielen Käse- und Fischständen und einigen Bäcker- und Metzgereien. Da wir heute für die ganze Familie kochen wollen, werden wir auf dem Markt später die Zutaten kaufen.
Wir laufen durch die Stadt, vorbei am Flat Iron Haus, dem alten Posthaus, durch das Bankenviertel, schlendern durch das Eaton Center -eine große Mall- und laufen zur Hafenpromenade.
Als uns dann die Füße weh tun gehen wir zum Bahnhof und nehmen den nächsten Zug zurück. Dort bereiten wir das Abendessen vor. Es ist für uns beide ein komisches Gefühl in einer fremden Küche, bei eigentlich fremden Menschen, jeden Schrank zu öffnen um die richtigen Utensilien zu finden aber mit der Zeit vergeht das komische Gefühl.
Sergio öffnet Wein zum Essen, wir sitzen sehr lange zusammen und unterhalten uns. Ich bin allerdings so müde, dass ich nur noch mit Mühe zuhören kann 😉