Durch die Reifen-Rotation ist unser bisheriges Reserverad im Einsatz, welches jedoch in Deutschland wegen Zeitmangel nicht mehr gewuchtet wurde. Wir suchen und finden eine Toyota Werkstatt der Extra-Klasse.
Es gibt einen vier-streifigen ‚Service Drive Thru‘, wo wir einfach reinfahren und einem Service Mitarbeiter am Schalter sagen, was für ein Problem wir haben. Wir merken schnell, wie beliebt unser Landcruiser hier ist. Nach 10 Minuten stehen ca. zehn Mitarbeiter um den Wagen und Jan ist schwer damit beschäftigt, die vielen Fragen zu beantworten. Wir erfahren, dass es linksgesteuerte Diesel-Landcruiser in Kanada nicht gibt.
Die Werkstatt ist riesig. Es gibt 40 Hebebühnen und 205 Mitarbeiter, die in Werkstatt und Verkauf wuseln. Ich warte in einem Ledersessel des Verkaufsraums, während Jan mit einem der Mechaniker das Standlicht austauscht.
Ein verlockender BBQ Duft zieht in meine Nase. Ich sehe Mitarbeiterinnen mit Burgern und Würstchen durch den Raum laufen und wundere mich, dass sie ihr Mittagessen nicht in der Küche isst. Kurz darauf kommt Jan mit einem grinsen im Gesicht auf mich zu und sagt: „Fertig. Ich muss noch bezahlen und dann sind wir zum Mitarbeiter BBQ eingeladen.“
„BBQ? Eingeladen?“ stottere ich, während Jan zur Kasse läuft.
Neben der Werkstatt ist ein großer Grill aufgebaut und die beiden Männer dahinter sind schwer am grillen und schwitzen. Die hungrige Menschenschlange auf der anderen Seite des Grills wird länger und länger. Mittendrin stehen wir beide. Irgendwie kommt mir das falsch vor, mich vor den Mitarbeitern anzustellen, aber was soll’s. Wir wurden eingeladen und können nicht warten bis alle 205 Mäuler gesättigt sind.
Gut gestärkt fahren wir nach Canmore, wo wir meine Eltern und meine Schwester in 3 Tagen treffen werden. Wir haben heute keine Lust auf Nachtplatzsuche, der Ort ist außerdem so touristisch, dass wir gar nicht wüssten wo wir den Platz suchen sollten. Wir steuern zum ersten Mal einen Campingplatz an. Dort gibt es nur Stellplätze mit Strom für 40 $ die Nacht. Das ist uns zu viel. Wir steigen gerade ins Auto, um einen günstigeren Platz ohne Strom zu suchen, als ein Mann mit Hund auf uns zu kommt und fragt: „Na? Seid ihr Darmstädter?“
Verwundert, dass hier jemand Darmstadt kennt, antworte ich „Ja. Du kennst Darmstadt?“
Er selbst kommt ursprünglich aus Michelstadt und lebt seit 5 Jahren in Canmore. Wir stellen uns vor, unterhalten uns kurz über die Reise und Uwe bietet uns an vor seinem Trailer zu campen. Das machen wir -wie immer- gerne und lernen seine Frau Carola und Baby Arjana kennen, sitzen gemütlich auf der Terrasse und plaudern. Anschließend schlagen wir unser Zelt vorm Haus auf und essen dann zusammen Thai.
Am nächsten Tag laufen wir zusammen zu den Grassi Lakes. Eine kleine, steile Wanderung führt uns zu dem klaren Wasser.
Am Abend kochen Jan und ich. Es gibt Auflauf. Wir sitzen lange zusammen, trinken viel Wein und haben einen sehr lustigen Abend. Die nächsten beiden Tage sind Carola und Uwe nicht zu Hause, wir bekommen die Schlüssel, sollen uns fühlen wie zu Hause und es uns gut gehen lassen. Wir sind -mal wieder- begeistert. Der nächste Tag ist ein Faulenzer Tag, ich bin erkältet und schlafe viel während Jan sich um die lästige Post und unsere HP kümmert. Am Abend nutzen wir die Gelegenheit eine Pizza in den Ofen schieben zu können und gucken gemütlich einen Film.
Ich wache am nächsten morgen auf und merke, dass ich schlapp und erkältet bin. Nach dem Frühstück schlafe ich noch eine Runde bis sich dann meine Schwester (Ina) meldet. Sie sind im B&B angekommen, wir könnten also jetzt vorbei kommen. Das B&B ist zufälligerweise nicht weit von uns entfernt, wir packen unsere Sache und laufen los. Das Wiedersehen mit der Familie ist ‚komisch‘ -hier in Kanada jemanden zu treffen den man kennt- aber sehr schön. Wir fallen uns in die Arme und jeder plappert los. Nach einem Spaziergang zu den Grassi Lakes gehen wir zusammen Abendessen und besprechen die nächsten zehn gemeinsamen Tage.
Beim Frühstück am nächsten Morgen bekommen wir den Tipp von Peter, dem B&B Inhaber, den Kananaskis Trail zu fahren. Dort würde man Elche, Bären und allerlei Wildlife zu sehen bekommen. Wir folgen dem Tipp und fahren los. Die Straße ist holprig und führt durch eine menschenleere Gegend. Wir sind allerdings enttäuscht weil wir überhaupt kein Wildlife – außer mal ein Erdmännchen am Straßenrand – zu sehen bekommen.
Unser geplanter Spaziergang von 1,5km endet als 10km Wanderung. Die Wege waren entweder nicht gut ausgeschildert oder wir blind. Jedenfalls hatten wir uns ein wenig verlaufen und mussten ein gutes Stück mehr laufen als geplant.
Wir treten den Rückweg an und jeder hält noch immer Ausschau nach Bären etc. Und tatsächlich, gegen 18.30 Uhr ist das Geschrei im Auto groß. Wir sehen einen Grizzly mit zwei Jungen – zum Glück aus dem Auto. Außerdem sehen wir Bergschafe (oder was auch immer das ist) und zwei Schwarzbären am Straßenrand, die aber schnell wieder in den Wald verschwinden.
Den Abend verbringen wir zusammen im Pub. Es ist ein toller, witziger Abend mit Heinz Becker Imitation von Ina und Jan! 😉